Hallo zusammen.
Das vergangene Wochenende war es wieder soweit. Im Rahmen meiner Tätigkeiten für die Nationalmannschaft Luxembourgs steuerte unser Teambus samt Sportlern und Begleitauto wieder die belgische Nordseeküste an. Und jeder der Küste und Nordsee hört,kann sich sicher sofort denken das diese Begriffe Unnormalität im sonstigen Cyclocrosszirkus zum Ausdruck bringen. Und damit haben sie auch Recht.
Koksijde !
Ein Name wie ein Donnerhall in den Ohren von Cyclocrossrennfahrern , Betreuern und Fans ! Hier wurde ein weiterer Lauf zum diesjährigen Cyclocrossweltcup ausgefahren. Es ist eines der legendären Rennen in Flandern, zu denen tausende Menschen strömen um sich dieses Spektakel anzusehen, wie wenn hierzulande der FC Bayern gegen Borussia Dortmund spielt. Hier werden die berüchtigten Sanddünen, wie die Kurven hinauf nach Alp d'Huez, nach den Siegern dieses Rennens benannt. Hier platzen Träume von hoch gesteckten Erwartungen. Und hier hat man vor allem eines soweit und wohin man blickt. Sand , Sand, Sand und nochmals Sand! Und das zum Teil Schienbein hoch , oder anders herum, tief !
Topographisch gesehen ist dieses Rennen in den Dünen der weitläufigen Pheriperie vom Flugplatz der belgischen Luftwaffe und Seenotrettung wohl der leichteste überhaupt im gesamten Cyclocrossweltcup.Aber trotzdem einer der wirklich schwereren Sorte.Es "rollt" nirgendwo richtig. Man muss immer mit Druck auf dem Pedal fahren um im Sand nicht einfach stehen zu bleiben und umzufallen ,oder aber sich laufenderweise weiter voran bewegen. Auf losem Strandsand auch kein wirklich angenehmes Vergnügen .
Und dann offenbart dieses Rennen einfach jede Schwäche und jedes Unvermögen in den Versuchen mit den Besten Schritt halten zu können. Und mit den Besten sind dann Leute gemeint die derzeit den Cyclocrosssport, in der Formel 1 des Crosssports, dermaßen dominieren das es einem schon fast Angst und Bange wird wenn man alle Euphorie zur Seite schiebt.
Angefangen bei den Junioren. In dieser Klasse fährt derzeit ein junger Mann von gerade einmal 17 Lebensjahren wie vom anderen Stern durchs Gelände und dominiert die Rennen nach Belieben. Schlimmer noch. Er "spielt" förmlich mit seinen Gegnern. Wird in anderen Rennen und Kategorien in Sekundenabständen in der Weltspitze gemessen und gezählt geht es bei ihm darum wer das "Vergnügen" als zweit platzierter hat unter zwei Minuten Rückstand zu bleiben. Er lässt seinen Gegnern keinerlei Chance. Er lässt sie verzweifeln.Wo er am Start auftaucht geht es für den Rest bestenfals noch darum , die Ehre zu haben direkt hinter ihm platziert zu sein. Und dabei spielt es keine Rolle auf welchem Terrain , oder welchen Untergrund gefahren wird. Er kommt überall zurecht und fährt derzeit so schnell, als Junior wohlgemerkt, das selbst in der Weltspitze der Proficrosser viele Probleme hätten ihm zu folgen !
Die Rede ist von Matthieu van der Poel. Dem Sohn des legendären Adrie van der Poel, dem einstigen schon "fast Gott" der Crosser. Und er ist der Enkel vom noch legendäreren Raymond Polidour. "Popou" wie er noch heute genannt wird. Ständiger Tour de France zweiter und trotzdem einer der besten Profi-Radrennfahrer seiner Zeit. Bei dem jungen Matthieu kommt hier wohl ein Gen Pool zum tragen der derzeit seines Gleichen sucht. Man kann ohne Übertreibung sagen das hier ein Jahrhunderttalent auf dem Crossrennrad unterwegs ist. Ihn live zu sehen und zu beobachten ist ein Genuß. Da passt alles. Der Junge hat Cyclocrossblut und Rennfahrerblut in sich. So überlegen und dominant wie er fährt , gibt es derzeit keinen anderen.Bestenfalls der "Kaiser" der Cyclocrosser , Sven Nys, kann ähnliche Merkmale aufweisen. Matthieu fuhr in Koksijde Rundenzeiten die an Profiniveau erinnerten, herankamen und teilweise sogar besser waren. Unsere betreuten Sportler mussten das auch , wie viele andere auch, ohne Wiederrede anerkennen das da ein mehr als großes Loch im Leistungsvermögen ist im Vergleich zum jungen van der Poel.
Bei den Espoirs , oder U23, lief es dann ähnlich. Wenn auch nicht in der Art das ein einzelner das Rennen dominierte. Es waren mehr oder minder sechs Fahrer die hier dem Rest des Feldes die Rückseite der Rennkombi zeigten. Und unter diesen sechs fuhr der Belgier Wietse Bosmans das taktisch cleverste Rennen und gewann. Auch hier hatten wir zwei Sportler am Start. Und die verkauften sich so teuer es ging. Und das war , für mich zumindest, sehr gut von der Leistung her gesehen. Das lässt hoffen wie ich finde. Man muss auch immer ein wenig im Hinterkopf haben das unsere Jungs mangels Weltranglistenpunkten aus der letzten Startreihe starten müssen. Im Cross immer ein kleines , aber doch Handycap.
Bei den Frauen hatten wir keine Starterin im Rennen. Aber auch dort gab es dann eine Extraklasse an Leistung zu sehen. Und hier war es die US-Amerikanerin Cathy Compton die dem Rennen ihren Stempel aufdrückte und eindrucksvoll bewies das sie derzeit mit das Maß der Dinge im Frauen Cyclocross ist. Ihr Vorsprung war gemessen am Rest des Feldes riesig. Was wieder auf fiel ist der Umstand das die Leistungsdichte der Frauen immer mehr zusammen rückt. Sind es immer noch zwei bis drei Fahrerinnen die den Frauen Crosssport dominieren ,rückt dahinter alles ein wenig näher zusammen. Eine schöne und auch gute Sache wie ich finde.
Als letzte Kategorie gingen dann die Elite Fahrer und insbesondere die Profis an den Start. Und hier war eigentlich klar das nichts über die traditionsgemäß starken Belgier gehen würde. Und so war es dann auch. Überraschenderweise fand man aber auch einen Franzosen in der Spitzengruppe. Ein etwas ungewohntes Bild für das immer recht belgisch dominierte Koksijde.
Und dann war da noch die "Show" des "King of Cross!" ! Kein anderer wie Sven Nys ist gemeint!
Zu Anfang des Rennens, in für ihn ungewohnter Position, weit von den Top ten entfernt , fuhr er Runde um Runde näher zur Spitze heran. Zeigte sein ganzes Können und seine überlegenen technischen Fähigkeiten und vor allem seine Ruhe und Gelassenheit mit Rennsituationen umzugehen, um dann kurz vor Schluß des Rennens in einer Sandpassage die er fahrend nahm, wo Konkurent und Mitstreiter Niels Albert laufen musste, einige Sekunden Vorsprng heraus gefahren bekam und noch gewann! Wer da dabei war kann nur den Hut ziehen und sich tief verneigen. Das war absoluter Weltklassesport der dort geboten wurde!
Unsere beiden Starter waren erwartungsgemäß nicht in den ersten 50% des KLassements zu finden. Zum einen ist Koksijde einfach auch zu speziell wegen dem Sand. Zum anderen ist die schlechte Startposition natürlich nicht optimal. Aber auch leistungstechnisch kann und muss sicher noch einiges optimiert werden. Aber auch das wird gelingen.Da bin ich mir sicher.
Das war dann soweit das "Abenteuer" Belgien und Flandern. Viele Eindrücke und Erkenntnisse wurden gewonnen. Es war viel zu sehen an neuem Material und "Basteleien". So fuhren unter anderem viele der Top Renner und Rennerinnen, unter anderem auch Matthieu van der Poel und Sven Nys, den neuen Dugast "Small Bird" Reifen, der momentan recht viel im Munde ist. Das Teil ist nach näherer Betrachtung aber mehr ein etwas groberer Slick Reifen für spezielle Einsätze und trockene Parcourse. Für die allermeisten Rennen und Rennkurse die man sonst vorfindet wohl eher weniger zu gebrauchen. Die Stollen sind einfach viel zu flach , als das sie irgendeinen Halt in rutschigerem Geläuf gäben. Ich bin mal gespant wo das Ding in Zukunft noch zu sehen ist , außer bei Rennen mit vielen Sandpassagen, oder trockemem Geläuf.
Was auch auf fiel ist der Umstand das sich die Breite von 33 Milimetern für Crossreifen immer mehr durchzusetzen scheint. Man sah auch auf Laufrädern mit Grifo oder Typhoon Profil, die als Ersatzräder im Depot standen , oder im Fahrerlager zu sehen waren , sehr viele 33mm Reifen anstatt der bis dahin "üblichen" 32mm Reifen montiert. Ob der eine Millimeter entscheidend ist , sei hier mal dahin gestellt. Aber man muss es eben auch zur Kenntniss nehmen.
Das war es soweit. Bis dahin........haltet durch !